Übergabe - Ein außergewöhnlich deprimierendes Lebensspiel | Cantus Verlag
Theater / Drama

Übergabe

Ein außergewöhnlich deprimierendes Lebensspiel

Autor: Ibrahim Alkatout
Instrumentierung: keine
Besetzung: Damen 2 / Herren 3
Dauer: 90–110 Min.

Cantus Empfehlung: Von innen heraus entwickelt sich ein rasantes Theaterstück, in dem klinischer Alltag immer wieder auf das Leben außerhalb eines Krankenhauses stößt. Die rhetorischen Wechsel zwischen Dialogen auf der Intensivstation oder Zuhause, alles in Frage stellende Monologen, die lyrische Momente enthalten und zwei Szenen als SMS-Austausch erlauben erst das unglaubliche Tempo, die sprachliche Bissigkeit und den Alltagsjargon, der sich oft nicht an die Grenze der Gürtellinie halten kann. Ungeahnte Entwicklungen der fragilen Charaktere münden in einer Eskalation, die die gesamte angesammelte Anspannung ungerichtet entlädt.

Kurzbeschreibung

Es entwickelt sich eine rasante Tragikomödie, die Berufsleben in einer Uniklinik und Privatleben durch Dialoge auf der Intensivstation oder Zuhause und alles in Frage stellende Monologen einerseits trennen, andererseits in Einklang bringen möchte.

Die fünf Beteiligten tragen ihr Herz auf der Zunge. Die damit einhergehenden verbalen Eskalationen können sich oft nicht an die Grenze der Gürtellinie halten. Die fehlenden Antworten und die unbedachten Reaktionen münden am Ende in einer Eskalation, in der sich die gesamte angesammelte Anspannung ungerichtet entlädt.

Besetzung/Rollen/Charakter

  • Jonas (31 Jahre, Lehrer für die Fächer Erdkunde, Sport und Französisch) hat viel Freizeit, die er für sich braucht und in seinen Augen sinnvoll nutzt. Er bastelt gerne an Fahrrädern und ist ein sehr guter Surfer. Wenn Anna länger arbeitet oder Nachtdienst hat, verbringt er die Zeit mit Freunden, in der Natur und am Wasser, liest viel und raucht regelmäßig Joints. Seine Vor- und Nachbereitungen für die Schule fallen ihm leicht, das macht er nebenher. Da er gutaussehend ist, charmant und witzig, hat er weder mit Kollegen noch mit Eltern oder Schülern Probleme. Für die meisten Schüler ist er der Schwarm und absoluter Lieblingslehrer.
  • Anna (29 Jahre, Ärztin im 3. Weiterbildungsjahr für Innere Medizin) ist sehr gewissenhaft und fleißig. Sie zweifelt oft daran, ob sie das alles hinbekommt, ob sie die Verantwortung für eine Intensivstation, für schwerkranke Patienten tragen kann. Sie hat Sorge, dass sie immer mehr als 100 % leisten muss, um nicht abgehängt zu werden. Um den Vorgesetzten zu gefallen und mitschwimmen zu dürfen, versucht sie wirklich alles. Sie macht viele Überstunden, springt immer ein, wenn jemand gebraucht wird und merkt nicht, als es darüber hinausgeht. An den Wochenenden und auch im Urlaub versucht sie, sich in der Wissenschaft weiterzuentwickeln. Es ist nicht ihr wirklicher Wunsch, Wissenschaftlerin zu werden, eine Universitätskarriere zu bedienen aber sie kann sich auch dafür begeistern und glaubt in den Augen ihrer klinischen Vorbilder darin einen höheren Sinn zu sehen. Sie will auf allen Ebenen gefallen und nicht enttäuschen. Oft ist Jonas sehr weit weg und sie erreicht ihn nicht, worunter sie deutlich stärker leidet als er. Da sie sich selbst noch sucht, sucht sie viel Gesprächskontakt. Die Beziehung zu Jonas ist ihr Anker.
  • Stefan (51 Jahre, Oberarzt für Anästhesie und Intensivmedizin) ist leidenschaftlicher Intensivmediziner. Jedem, der sich nicht entzieht, erklärt er in aller Ausführlichkeit alles über sein Fachgebiet, was er selbst weiß. Die Liebe zum Job hat ihn die Ehe gekostet. Die Leidenschaft für die Krankenversorgung hat ihn immer von der Wissenschaft abgehalten, so dass er in nichtleitender Funktion an einer Uniklinik arbeitet und auch nachts und an den Wochenenden Dienste übernehmen muss. Sein 19-jähriger Sohn hat vor Kurzem Abitur gemacht und ist sich noch gänzlich unsicher, was er mal werden möchte. Dass man mit 51 Jahren noch so fremdbestimmt sein kann, wirft er seinem Vater heute vor. Seine Ex-Frau ist mit dem Kind nach Hamburg gezogen, damals für einen Kollegen der Herzchirurgie, mit dem sie aber nur kurz zusammen war. Er denkt eigentlich nicht über eine Änderung nach, auch wenn sich um ihn herum alles ständig und volatil bewegt. Gleichaltrige Kollegen, die deutlich weniger arbeiten, verdienen mehr und haben viel mehr Freizeit. Jüngere Kollegen, die sich wissenschaftlich betätigen, werden bevorzugt und an ihm vorbei befördert, auch wenn sie ihm fachlich oft nicht das Wasser reichen können. Viele davon hat er selbst auf der Intensivstation ausgebildet. Das machte ihn früher nur ab und zu in schlechten Phasen, heute fast täglich währen der Übergaben im Gespräch mit anderen mürbe und dadurch ist er im persönlichen Umgang oft zynisch. Schließlich wird er doch nachdenklich…
  • Annika und Patrick haben 3 Kinder (2, 9 und 14 Jahre, wobei das älteste Kind aus Patricks erster Ehe stammt).
  • Annika (41 Jahre, Krankenschwester) hat eine Zusatzqualifikation zur Intensivschwester gemacht und arbeitet oft auf der Station, auf der auch Stefan tätig ist. Für sie ist es befriedigend, für die Patienten da zu sein und auch, es den Ärzten recht zu machen. Oft hat sie zwar das Gefühl, es besser zu wissen oder besser zu können. Vor allem die jungen Ärztinnen müssen sich besonders vor dem erfahrenen Pflegepersonal behaupten und entscheiden unsinnige Dinge, die sie und andere Pflegekräfte dann abarbeiten sollen. Müdigkeit kennt sie nicht, Erschöpfung kennt sie nicht. Trotz der 3 Kinder arbeitet sie seit 1 Monat wieder zu 70 %. Das erfordert ein hohes Maß an Organisation, da Patrick in der Rolle als Vater ein Totalausfall ist. Der Balanceakt fällt ihr einerseits schwer, andererseits ist sie sehr stolz auf Patrick und hofft auf mehr Routine mit der Zeit.
  • Patrick (47 Jahre, Leitender Oberarzt für Chirurgie, Sektionsleiter für das Transplantationsprogramm und innovative Tumorchirurgie) ist Professor und war schon mit 26 promoviert, mit 31 habilitiert und mit 36 einer der jüngsten chirurgischen Professoren Deutschlands. Er ist Facharzt für Allgemeinchirurgie und für Thoraxchirurgie. Er wird als einer der ganz großen Talente gehandelt, die für die bekanntesten Lehrstühle vorgesehen sind. Bis zum 12. Lebensjahr war der Sohn bei der Mutter, jetzt hat er auf eigenen Wunsch das Elternhaus gewechselt und lebt bei Annika und Patrick.

Bühnenbild/Inszenierung

Das Stück ist in drei Akten aufgebaut, mit jeweils drei, fünf und vier Szenen. Die Szenen spielen im Dienstzimmer auf der Intensivstation einer Universitätsklinik in Lebenach während der Übergaben und jeweils bei Jonas und Anna oder Patrick und Annika zuhause.

Dauer: 90 min

Ausführliche Synopsis

Anna und Jonas leben in der Innenstadt von Lebenach. Auch wenn das Studium seit mehreren Jahren vorbei ist, wirkt das Studentenleben wie ein schützender Mantel über den kleinen aber permanenten Bedrohungen des Alltags, die an den Fundamenten zweier junger Leben rütteln, wobei Anna (Assistenzärztin an der Uniklinik) eher von dem Gefühl verfolgt wird, den richtigen Pfad noch nicht gefunden zu haben und Jonas (Gymnasiallehrer) eher Zweifel an der Art der Beziehung und Sorge vor einer Wandlung hat. Sie stehen kurz vor der Verlobung.

Stefan ist leidenschaftlicher Intensivmediziner. Jedem, der sich ihm nicht entzieht, erklärt er in aller Ausführlichkeit, was er selbst über sein Fach weiß. Die Liebe zum Job hat ihn die Ehe gekostet. Die Leidenschaft für die Krankenversorgung hat ihn immer von der Wissenschaft abgehalten, so dass er mit 51 Jahren in nichtleitender Funktion an einer Uniklinik arbeitet und auch nachts und an den Wochenenden Dienste übernehmen muss. Die Wochenenddienste sind Fluch und Segen. Fluch, weil sie ihn vom Leben abhalten und Segen, weil er sich darin flüchtet. Er akzeptiert den Richtungswechsel der Generation Z, kann aber die damit einhergehende Infragestellung seines eigenen Lebenswegs nicht gut aushalten. In dieser Spirale hängt er viel fest.

Annika und Patrick haben 3 Kinder (2, 9 und 14 Jahre, wobei das älteste Kind aus Patricks erster Ehe stammt). Sie leben in einem Haus im angrenzenden Neubaugebiet. Annika ist mit Hingabe Intensivschwester und arbeitet oft auf der Station, auf der auch Stefan tätig ist. Müdigkeit kennt sie nicht, Erschöpfung kennt sie nicht. Trotz der 3 Kinder arbeitet sie seit einem Monat wieder zu 70 %. Das erfordert ein hohes Maß an Organisation, da Patrick in der Rolle als Vater ein Totalausfall ist. Der Balanceakt fällt ihr schwer, sie hofft aber auf mehr Routine mit der Zeit. Patrick war schon mit 26 promoviert, mit 31 habilitiert und mit 36 einer der jüngsten chirurgischen Professoren Deutschlands. Er war einer der ersten Chirurgen, der eine Niere roboterassistiert transplantierte und er hat mit seinem Labor einen fluoreszierenden Marker entwickelt, der speziell Tumorzellen der Leber sichtbar machen kann. Er wird als eines der ganz großen Talente gehandelt, die für die bekanntesten Lehrstühle vorgesehen sind.

In der hier beschriebenen Konstellation entwickelt sich eine rasante Komödie, die zwischen Dialogen auf der Intensivstation oder Zuhause und alles in Frage stellenden Monologen abwechselt. Gedichte reißen die Leser aus ihrem Fluss heraus und zwingen sie zum Innehalten. Zwei Szenen werden als SMS-Austausch wiedergegeben und enthalten dadurch nochmals andere rhetorische und szenische Momente. Das unglaubliche Tempo, das sich oft mit alltäglicher Sprache, mit dem Herz auf der Zunge der einzelnen ProtagonistInnen und damit einhergehenden verbalen Eskalationen mischt, führt immer wieder zurück zur Komödie und weg von einem allein traurigen Lebensspiel. Die Bissigkeit und der Alltagsjargon, der sich meist nicht an die Grenze der Gürtellinie halten kann -denn das kann er einfach nicht-, lassen alle fünf Beteiligte menschlich, fragil, authentisch sein.

Die aus der Authentizität und Menschlichkeit hervorgehenden Fragen der Zeit, die fehlenden Antworten und die unbedachten Reaktionen führen innerhalb des Stückes zu beruflichen und privaten Richtungswechseln, die aufgrund der Komplexität der Beziehungen am Ende in einer Eskalation münden, die letztlich die gesamte angesammelte Anspannung ungerichtet entlädt.

Neben reinen Dialogen findet zweimalig ein bezeichnender Austausch per SMS statt. Zwei Monologe, einerseits des Gymnasiallehrers Jonas, andererseits des alleinstehenden Oberarztes Stefan, zwingen die Zuhörer zum Innehalten. Das gesamte Spiel endet in der vierten Szene des dritten Aktes mit allen Beteiligten und den Worten…:

„Patrick: Es ist vorbei.“

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